Ein wirklich würdiger Abschluss. Im Rapportsaal des Polizeipräsidiums erklangen helle Kinderstimmen und sagen zur Gitarrenbegleitung ihrer Lehrerin Elisabeth Geißner-Aschermayr von Kindern und Chinesen, die lernen alle lesen. Auf den achtzig Plätzen lauschten verzückt Polizistinnen und Polizisten, Vorleser und Vorleserinnen der Lesefüchse, Stadtpolitiker, Vereinsvorstände und andere Personen, die beim zehnjährigen Jubiläum „Polizeibeamte lesen vor“ unbedingt mit dabei sein wollte. Sogar der ehemalige Hamburger Polizeipräsident Arved Semerak war in die Ettstraße gekommen. Es hat sich gelohnt.
Gefeiert wurde die Zusammenarbeit der Lesefüchse mit der Polizei, die gemeinsam im Jahr 2007 den Preis „Deutschland Land der Ideen“ erhalten hatten. Im Sommer war zu diesem Anlass auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei ein formidables Lesefest über die Bühne gegangen. Im Münchner Polizeipräsidium ging es nun darum, die vergangene Zeit Revue passieren zu lassen. Prof. Dr. Elke Inckemann kam die Schlüsselrolle zu.
Die Universitätsprofessorin der LMU hatte wissenschaftlich die Wirkung der Lesefüchse untersucht. Ihr Fazit: Unbedingt weitermachen! Das Vorlesen sei für die heranwachsenden Kinder ein äußerst wichtige Zuwendung und die „effektivste Spracherwerbssituation“ überhaupt. Es sei „die einfachste Methode, den schulischen Leseerfolg zu sichern“. Inckemann hat bei ihrer mehrere Jahre dauernden intensiven Beobachtung festgestellt, dass sich die Sprachfähigkeiten der Kinder kontinuierlich verbessert. Insbesondere in der Gruppe der Kinder mit sehr schlechtem Sprachvermögen (darin hatten fast alle einen Migrationshintergrund), hatten vier Jahre später fast alle ein durchschnittliches Leseverständnis. Das ist zwar wahrscheinlich nicht nur den Lesefüchsen zu verdanken, aber einen wichtigen Beitrag dazu haben sie geleistet.
„Für einen Außenstehenden ist es auf Anhieb gar nicht so leicht zu erkennen, warum sich die Münchner Polizei in diesem Bereich engagiert“, überlegte Polizeipräsident Hubertus Andrä laut. Und er gab bei seiner Begrüßung gleich die Antwort: „Das Vorlesen ist eine gute Möglichkeit, erstes Vertrauen zu den Kindern aufzubauen und damit ist eben ein wichtiger Baustein in unserer Präventionsarbeit.“ Für die Polizisten, die mit den Lesefüchsen in die Schulen kommen, bietet sich zugleich die Möglichkeit, mit den Kindern über richtiges Verhalten bei Streitigkeiten, über die Gefährlichkeit von Mutproben oder den Umgang mit guten und mit falschen Freunden zu sprechen. „Unser Ziel ist es, vorhandene Berührungsängste abzubauen“, formulierte es Polizeioberrat Peter Gloël. Der Leiter der Laimer Inspektion ist seit zwei Jahren die federführende Kraft bei der Münchner Polizei in Sachen Lesefüchse. Der Schlüssel, im Leben den eigenen Weg erfolgreich zu gehen, so Gloël, sei „die Fähigkeit zu lesen und das Gelesene zu verstehen.“ Und daher wolle er allen danken, die so viel Zeit in diesem Projekt einsetzen. Künftig werden sie dazu die Unterstützung durch einen besonderen Kollegen erhalten: Nach dem letzten Ton des abschließenden Musikstücks, als alle Besucher schon zum Ausgang streben wollten, kam ihnen ein Fuchs entgegen. Mit rostrotem Fell und weißem Bauch, spitezn Ohren und großen Augen. So groß, dass er die Kinder alle noch ein kleines Stück überragte.
Hans Wanger, Vorsitzender der Lesefüchse, erinnerte an die Vereinsgründerin Helga Wolf. Sie wollte Polizeibeamte nicht als Autoritätspersonen, sondern als Geschichtenerzähler erleben. Das Vertrauen der Kinder zur Polizei wollte sie fördern und die Kinder ermuntern, sich bei Problemen an Kontaktbeamte ihres Stadtteils zu wenden. Im März 2007 wurden an 33 Orten unter großer Medienbeobachtung das erste Mal von fast 90 uniformierten Beamten vorgelesen. Alle Beteiligten waren so begeistert, dass daraus die dauerhafte Kooperation Lesefüchse und Polizei wurde. In den Folgejahren erhielten wir weitere Auszeichnungen: Münchner Lichtblicke 2007” sowie “Aktiv für Demokratie und Toleranz” in 2008. Er freue sich bereits auf das nächste gemeinsame Jubiläum im Jahr 2027, schmunzelte Wanger.
Rektorin Marion Dieck berichtet in persönlichen Worten aus ihrer Grundschule an der Implerstraße, eine Schule bei der die Lesefüchse seit vielen Jahren ein und ausgehen und die auch von Anfang an mit bei der Aktion mit der Münchner Polizei mit dabei war.
Das Münchner Sicherheitsforum, das die gemeinsame Vorlesearbeit schon länger beobachtet, nahm den Empfang zum Anlass, den Lesefüchsen einen Scheck mit einer Spende über 1.000 Euro zu überreichen. Zwei kurze Filme zeigten den Besuchern des Empfangs, einerseits wie so eine Lesestunde mit der Polizei abläuft. Lesefuchs Peter Schönwälder war bei einem Termin in der Implerschule mit dabei und interviewte Lehrer, Polizistinnen und Schüler. Und vom Lesefest bei der Bereitschaftspolizei wurde von Polizeikollegen ein Film gezeigt, der sehr schön die Auftritte der Hundestaffel, der berittenen Polizei zeigte, die Fotosession für alle auf dem Polizeimotorrad sowie den berühmten Polizeikasper.
Die Kinder aus dem Chor kamen aus der Grundschule am Schererplatz. Weitere „Kinder-Abordnungen“ kamen aus der Implerstraße sowie den Schulen am Schererplatz und Theodor-Heuss-Platz. Alle hatten in der Vergangenheit lesenden Polizisten bei sich in der Schule erlebt. Was lag also näher, als dass Michaela Hanauer-Dietmaier mit dem Mikro herumging und bei den Kleinen mal nachfragte, wie ihnen das gefallen hatte. Toll, klar, das meinten alle. Könnten öfter wiederkommen. War sehr spannend. Auch das sie alle in die Polizeiautos durften. Und Vorlesen sei überhaut gut. Auch wenn sie selber viel und oft lesen, vom Vorlesen kann man nie genug bekommen.
(hpm)