Im Alltäglichen liegt oft eine Besonderheit. Man muss nur genau hinschauen. Und dann sieht man vielleicht anhand eines ungewöhnlichen Jubiläums, dass etwas passiert, was den Blick lohnt. Die kleinen Bibliothekslesefüchse erhalten bei jedem Besuch einen Stempel auf ihre Lesefuchskarte. Zehnmal beim Vorlesen dabei und sie bekommen als Anerkennung ein Buch geschenkt. Das kommt oft vor und dann sind unsere Zuhörer ganz stolz, ein eigenes Buch mit einer tollen Geschichte zu besitzen. Zehnmal zehn vollgestempelte Karten, das ist dagegen recht selten, denn es bedeutet, dass man, wegen Ferien, Krankheiten oder anderen Hinderungsgründen knapp drei Jahre lang regelmäßig in die Bibliothek kommen muss.
Vor knapp vierzehn Jahren haben die beiden Vorleserinnen Adele Wolf und Helga Rieder in Laim angefangen. Viele Buben und Mädel haben sie in ihrer Lesestunde, immer donnerstags ab 15 Uhr, gesehen und kennengelernt. Und bei ihnen hat jetzt bereits zum sechsten Mal ein Kind die Schallmauer von 100 Stempeln erreicht. Es ist Jonas Hanafi (6 Jahre) aus Laim, der das geschafft hat. Heuer ist er erst zur Schule gekommen, um Schreiben und Lesen zu lernen, aber in der Stadtteilbibliothek ist er bereits Stammkunde. Das allein ist schon eine Besonderheit.
Für seinen großen Bruder Johannes (10) ist das Hunderter-Jubiläum sogar längst Vergangenheit. Er kann locker auf die doppelte Zahl von Vorlesestunden bei den beiden Laimer Lesefuchsdamen zurückblicken. Er liebt das Zuhören, weil „man sich da immer so toll ein Bild von der Geschichte machen kann“, wie er sagt. Das Kino im Kopf hat eben einen ganz anderen Zauber, als die Fähigkeit, selber zu lesen. Klar ist er eine ausgesprochene Leseratte, auch wenn ihm die fünfte Klasse Gymnasium nicht mehr beliebig Zeit zum Schmökern lässt. Trotzdem: „Ich liebe vor allem dicke Bücher. Fette Buchrücken mit mindestens vier Zentimetern. „Das Lied von Eis und Feuer“ gehört dazu oder die verschlungenen Abenteuer der „Warrior Cats“.
Beide Buben werden oft von ihrer Mutter Christiane Hanafi begleitet. Zu Hause liest sie ihnen auch Geschichten vor. Jedem einzeln, jeden Abend, immer eine Viertelstunde.
[espro-slider id=3531]„Das ist wohl ein einmaliges Jubiläum“, schätzt Vorstandsmitglied Manfred Lucko, der selber in der Stadtbibliothek Fürstenried vorliest. Dass in Laim sich jetzt die Jubiläen häufen, das liege sicherlich nicht nur daran, dass die Bibliothek an der Fürstenrieder Straße von Anfang an bei den Lesefüchsen mit dabei war. Das sei die besondere Art der Vorleserinnen Wolf und Rieder. „Die ansteckende Begeisterung für die Geschichten, die von den beiden Damen ausgeht“, meinte Stefanie Zech, die stellvertretende Bibliotheksleiterin. „Darin liegt ein Schatz verborgen, der jede Woche neu ans Licht kommen darf“, sagte Lucko.
Korbinian Hirtreiter war der erste 100er in Laim. Das war bereits im Jahr 2009. Ihm folgte zwei Jahre später Anabel H. Dann im Jahr 2014 Johannes Hanafi, der jetzt die 200er-Schallmauer gebrochen hat. Pia Marys kam im August 2016 dazu und David Lee kurz danach im Dezember. Der Sohn südkoreanischer Eltern (8 Jahre) und in München geboren, war 2013 das erste Mal zum Zuhören in die Laimer Bibliothek gekommen. “Ich wollte, dass er richtig deutsch reden kann und mit den vielen deutschen Geschichten, bin ich überzeugt, geht das besonders gut”, hatte seine Mutter bei der Preisübergabe erzählt. Eine Einstellung ganz im Sinne der Lesefüchse. Und davon profitiert auch seine Schwester Mina (6), die jedes Mal mit dabei ist und in gar nicht langer Zeit die Nächste aus der Laimer Kindergruppe mit dem 100sten Stempel sein dürfte.
Es berichteten darüber die SZ und der Werbespiegel
(hpm)