Über ein Dutzend Lesefüchse sind mit Plakaten von Naziopfern bei münchenweiter Aktion dabei
Münchens Innenstadt bot ein sonderbares Bild am Nachmittag des 11. April: An vielen, sehr vielen Hauseingängen standen Bürger und Bürgerinnen mit großen blauen Schildern, auf denen Personen abgebildet waren aus einer längst vergangenen Zeit. Am 11. April, der ausdrücklich weder Festtag noch irgendein Gedenktag war, erinnerten 1.000 Münchner*innen an Opfer der Nationalsozialisten aus dieser Stadt. Sie übernahmen Patenschaften für diese Menschen, die aus unterschiedlichen, aber alle aus gleichermaßen niederträchtigen Gründen ermordet wurden. Auch die Lesefüchse zählten zu den Unterstützern und hatten über Rundmail und Website für die Aktion geworben.
Mit diesem Erinnerungs- und Demokratieprojekt, das vom Bayerischen Rundfunk als „Rückkehr der Namen“ organisiert und von der Landeshauptstadt München und über 60 Vereinen und Organisationen unterstützt wurde, erinnerten die vielen Münchner ganz persönlich an diejenigen ehemaligen Mitbürger, die von den Nazis feige ermordet wurden. Die Paten hatten sich im Internet und in einschlägigen Archiven über das Leben der Opfer informiert und gaben diese persönlichen Geschichten an Passanten und Hausbewohner weiter.
Tatsächlich hatten die Nazis sogar über 12.000 Personen aus München verschleppt und ermordet. Juden, Sinti und Roma, psychisch kranke Menschen, Christen, Homosexuelle, politische Gegner, Zwangsarbeiter und andere. Auch viele Kinder waren darunter. Von zahlreichen Menschen existieren keine Spuren mehr. Über die von Historikern ausgewählten 1.000 gab es in den Archiven zumindest einige wenige persönliche Informationen.
„Seit 2011 arbeiten wir gemeinsam mit dem NS-Dokuzentrum an unserem Projekt für ältere Grundschulkinder ‚Toleranz, Ausgrenzung, Kinderrechte‘ in dem wir am Beispiel von Anne Frank aufzeigen, was unter den Nazis passiert ist. Unser Verein tritt ein für Gleichberechtigung und Völkerverständigung, da war es selbstverständlich, dass wir hier mit dabei waren,“ betont der Vorsitzende Stefan Inderst. Er selbst stand Pate für die Jüdin Rebekka Subiski, die mit ihrem Mann in Auschwitz ermordet wurde. Mindestens 15 Lesefüchse*innen waren dem Aufruf gefolgt und hatten sich für diesen Projektnachmittag zur Verfügung gestellt. Die Opfer der Nazis sind nicht vergessen, zumindest ihre Namen sind nun tausendfach zurückgekehrt.
(hpm)
Nachtrag: Der BR hat eine Dokumentation übere das Projekt am 15. April ausgestrahlt. Über die ARD-Mediathek oder über diesen Link ist die Sendung abrufbar. Weitere Informationen, Bilder und Impressionen sowie ein Rückblick mit Fotos sind hier zu sehen.