Kamishibai-Abend im Gasteig

Lesen die Lesefüchse jetzt auch auf japanisch? „Kamishibai“ war das Stichwort für eine Veranstaltung für Vorleser*innen. Dieser japanische Begriff fasst die beiden Wörter „kami“ (Papier) und „shibai “ (Theater) zusammen , also ein „Papiertheater“. Und wie ein kleines Theater sah es auch aus, was Dorothee Haspel von der Katholischen Fachakademie für Sozialpädagogik ins FatCat im den Gasteig mitgebracht hat. Ein dunkler Holzrahmen, gut 30 Zentimeter hoch und 45 breit und schwarz lackiert steht es auf einem Tisch. Es sieht aus wie ein kleiner Flügelaltar, links und rechts wird eine Seite ausgeklappt, in der Mitte hinter den Rahmen, hat Haspel eine Pappe gesteckt, auf der ein geschlossener roter Theatervorhang abgebildet ist. Bitte Ruhe im Saal, gleich beginnt die Vorstellung!
Kindertheater aus dem 12. Jahrhundert
Haspel nimmt die Vorhangpappe aus dem Rahmen und es erscheint ein Aquarellbild mit der Anfangsszene aus dem Märchen Sterntaler. 20 Lesefüchse sitzen um sie herum und schauen gespannt, wie sich vor ihnen die Geschichte entwickelt. Dorothee Haspel erzählt frei. Und bei jedem Szenenwechsel in der Geschichte zieht sie eine weitere Bildpappe aus dem kleinen Theater und gibt den Blick auf die nächste frei. Das ist die Kamishibai-Tradition, bei dem ein Erzähler mit seiner kleinen Theaterkiste, meist auf einem Fahrrad, jeden Tag ins Stadtviertel kam und auf einem Platz sein Theater aufbaute. Es wurden Süßigkeiten verkauft, das war das Einkommen des Erzählers. Entstanden ist es im 12. Jahrhundert. Die Geschichten wurden meist auswendig erzählt. Sie lassen sich aber auch vorlesen. Die Verlage geben zu ihren Bildern die Texte natürlich mit dazu.

Eingeladen zur Vorführung des Papiertheaters hatten die Lesefuchskoordinatorinnen Carmen Deiseroth und Anita Bock sowie Elena Reumann, ehemals Qualitätspatin. Sie hatten mehrere Holzkästen und die dazugehörigen Geschichten zum Ausprobieren mitgebracht. Der Blick der Zuhörerschaft wird allein schon durch den Rahmen auf die Bilder konzentriert. Das Handling ist nicht kompliziert. In der Lesefuchsgeschäftsstelle kann man demnächst einen Holzkasten ausleihen und zwei Geschichten stehen dort auch zur Verfügung: „Es klopft bei Wanja in der Nacht“ und „Das kleine Gespenst“. Die Stadtbibliothek München ist auch gut sortiert. Über 300 Treffer gibt es, wenn man das Stichwort Kamishibai eingibt.
Übrigens gibt es ein sehr nettes Bilderbuch über einen Kamishibai-Mann, erzählt von dem japanischen Illustrator Allen Say, erschienen in der Edition Bracklo und, wen wunderts, auch in DINA3 als Kamishibai. Und noch dazu zweisprachig auf Englisch und Deutsch.
(hpm)