Erfolg, sagt man, hat viele Väter. Und schnell kommt im Überschwang der vielen Details dabei etwas durcheinander. So erging es dem Leseteam der Nadi-Schule vom Olympiadorf. Der Lokalteil einer Münchner Zeitung verkündete jetzt das zehnjährige Jubiläum der Nadi-Lesefüchse und machte gleich daraus das zehnjährigen Bestehen des gesamten Vereins der Lesefüchse. Schmunzeln unter den langgedienten Vorleser*innen, denn Lesefüchse gibt es in München schon sieben Jahre länger.
Jetzt kam das Nadi-Team in der Geschäftsstelle zusammen, um in einer kleiner Feierstunde (vor den umfangreichen Corona-Restriktionen) den internen Geburtstag zu feiern. Auch die Rektorin Elke Kandlbinder war gekommen. „Das ist ein ganz großes Erfolgsmodell“,
sagt sie. „Die Kinder fragen schon immer zu Schuljahresbeginn, ob denn die Lesefüchse wiederkommen!“ Vier Gruppen sind in der Grundschule im Olympiadorf aktiv. Drei in der ersten Klassenstufe und eine in der zweiten. Immer montags ab 12:15 Uhr. Die Vorleser*innen organisieren ihre Stunden als Lese AG. Das bedeutet, sie sind nicht wie in vielen anderen Schulen, Teil des verbindlichen Unterrichts. Ihr Angebot steht in Konkurrenz zu allen anderen Freizeitangeboten, die nachmittags an der Schule laufen. „Trotzdem haben wir immer eine Menge Anmeldungen“, freut sich Teamleiter Peter Schönwälder. Er selbst arbeitet als einer der Springer seines Teams und ist zugleich dessen dienstältester Lesefuchs. Seit Anfang 2007 liest er bei den Lesefüchsen vor.
„Uns macht man die Arbeit aber auch sehr leicht“, erzählt Schönwälder schmunzelnd. „Die Schule hat eine hervorragende Kinderbibliothek!“ Sogar mit Sofa! Dort und in drei Klassenzimmern lauschen die Kinder den vielen Geschichten. Michael Urban, auch so ein Urgestein, zu seiner Motivation: „Es ist einfach spannend zu sehen, wie die Kinder auf das Vorlesen reagieren. Das macht unheimlich viel Spaß und ist manchmal wirklich urkomisch.“
In dem elfköpfigen Team sind die unterschiedlichsten Personen versammelt. Studenten, Selbständige, ein pensionierter Ingenieur, ein ehemaliger
Jurist, Hausfrauen und eine freiberufliche Anästhesieärztin. Letztere ist Dr. Hong Ha Nguyen, deren Eltern aus Vietnam stammen. Sie ist in Deutschland geboren und in Norddeutschland
aufgewachsen. „Ich bin bei den Lesefüchsen, um den Kindern zu zeigen, dass auch jemand mit Migrationshintergrund sehr gut und völlig akzentfrei deutsch sprechen kann“, sagt sie. Es sei wichtig für eine gelungene Integration, dass die Kinder Beispiele erleben, die ihnen Orientierung geben können. Und das klappt hervorragend, hat sie doch noch nie eines ihrer kleinen Lesefüchse gefragt, wo sie denn herkomme. Das ist den Kindern völlig egal, Hauptsache, sie bringt gute Geschichten mit. Und das macht sie gleich zweimal: in der Torqato-Tasso-Schule und im Olympiadorf. Auch die Eltern von Sophie Le Vinh, die dem Team seit Schuljahresbeginn angehört, stammen aus Vietnam. Über ihre Vorlesekünste freuen sich außerdem Kinder im Schulförderzentrum Nord.
Dieses Team über zehn Jahre zu führen, ist die besondere Leistung von Peter Schönwälder. Er achtet nicht nur auf das rein Organisatorische, (wer fällt aus, wann muss ein Springer ran und wer macht es?), er hat auch ein gutes Händchen für den gemütlichen Teil der Zusammenarbeit. Gut, dass er dabei sein Hobby, Filme zu machen, zum Einsatz bringen kann. Zur Jubiläumsfeier brachte er für jedes Teammitglied eine eigens produzierte DVD „10 Jahre Nadifüchse“ mit, auf der Sequenzen aus der Schule, von den regelmäßigen Teamfeiern und einige Interviews mit den Kindern zu sehen sind. Und als zweite besondere Überraschung hatte er lauter kleine, in rotem Leinen gebundene Fotobücher drucken lassen, in denen Bilder aus den vergangenen zehn Jahren versammelt sind.
Zehn Jahre Vorlesen bedeutet für einige Teammitglieder zugleich auch zehn Jahre für den Verein Lesefüchse aktiv zu sein. Stefan Inderst, der erste Vorsitzende, nahm die Feier zum Anlass, Jutta Gratzl für diese lange Zeit zu ehren, in der sie den Kindern regelmäßig die tollsten Bücher vorgelesen hat. „Wie fruchtbar ist der kleinste Kreis, wenn man ihn wohl zu pflegen weiß.“ Mit diesem Goethe Zitat bedachte er sowohl Jutta Gratzl und ihre Kindergruppe als auch Peter Schönwälder und sein Team. Michael Hoffmann-Löber, der ebenfalls so lange dabei ist, wurde bereits auf der vergangenen Weihnachtsfeier der Lesefüchse geehrt. Währenddessen hatte Michael Urban krankheitshalber das Haus hüten müssen. Seine Ehrenurkunde fürs 10-jährige Vorlesen wurde ihm als Trost dafür von unsere Geschäftsstelle zugeschickt.
(hpm)