Lohnender Besuch im NS-Dokuzentrum

Am Montag, 27. Januar 2020, ist der jährliche bundes­weite Holocaust-Gedenktag. Das NS-Dokumen­ta­ti­ons­zentrum hat aus diesem Anlass geöffnet und lässt einen Tag lang die Zeitzeugen sprechen; von 10–19 Uhr werden Filme aus der Reihe „Zeuge der Zeit“ gezeigt. Zusätzlich findet um 16.30 Uhr ein offener Rundgang zum Thema „Erinnerung an Rassismus, Krieg und Natio­nal­so­zia­lismus“ statt. Der Eintritt in das Münchner Dokumen­ta­ti­ons­zentrum ist übrigens bis April 2020 kostenlos!

Dr. Thomas Rink vom Münchner NS-Dokumen­ta­ti­ons­zentrum erläutert den Vorle­se­rinnen der Lesefüchse das Anschau­ungs­ma­terial zur NS-Zeit. Foto:privat

Durch die enge und langjährige Zusam­men­arbeit schenkt das NS-Dokumen­ta­ti­ons­zentrum München den Lesefüchsen auch Führungen durchs Museum. So konnten am 29. Oktober und am 8. November vergan­genen Jahres zwei Gruppen von Lesefüchsen die Dauer­aus­stellung des Hauses besich­tigen. Unter der hervor­ra­genden Führung von Dr. Thomas Rink erfuhren die Teilnehmer in zwei Stunden sicher auch noch manches Neue über dieses traurige Kapitel der deutschen Geschichte.

Eine Führung beson­derer Art hatte Thomas Rink am Vortag des 9. Novembers 2019 für die Lesefüchse vorbe­reitet. Der 9. November wird häufig auch als “Schick­salstag” der Deutschen bezeichnet, weil auf diesen Tag etliche Ereig­nisse fielen, die jeweils einen Wende­punkt in der deutschen Geschichte markierten und dies war das Haupt­thema der Führung.

Den meisten Lesefüchsen waren sicher der 9. November des Jahres 1938 (Reichs­po­grom­nacht) und aus jüngster Zeit 1989 (Fall der Berliner Mauer) gut in Erinnerung. Doch dass am gleichen Tag im Jahr 1918 nach Ende des 1. Weltkriegs und als Auswirkung der sogenannten Novem­ber­re­vo­lution die Republik Deutschland in Berlin ausge­rufen wurde, hatte wahrscheinlich niemand so genau im Gedächtnis. Am Tag zuvor, also am 8.11.1918 rief  Kurt Eisner in seiner Prokla­mation Bayern als Freistaat aus (Freistaat im Sinne von „frei von Monarchie“). Eisner war der erste Minis­ter­prä­sident dieses bayeri­schen Freistaates; er wurde am 21.Feb. 1919 von Anton Graf von Arco auf Valley, der der antise­mi­ti­schen Thule-Gesell­schaft nahe stand, erschossen. Ein beein­dru­ckendes Bild von der Beisetzung Kurt Eisners ist in der Ausstellung zu sehen.

Der Hitler-Luden­dorff-Putsch, auch bekannt als Marsch auf die Feldherrn­halle am Odeons­platz, missglückte zwar an einem 9. November, nämlich am 9.11.1923. Doch der Spuk war damit nicht vorbei. Wie wir alle wissen, kam Hitler mit seinen Partei­ge­nossen zehn Jahre später dann doch an die Macht. Der 9. November wurde daher während des Hitler­re­gimes jährlich besonders feierlich zelebriert; die getöteten Putschisten erhielten 1935 zwei Ehren­tempel am Königsplatz.

Die Reichs­po­grom­nacht des 9.11.1938 war dann das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte Europas. Spätestens an diesem Tag konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antise­mi­tismus und Rassismus bis hin zum Mord staats­of­fi­ziell geworden waren.

Beide Führungen durch Dr. Rink stimmten die Teilnehmer doch sehr nachdenklich. Vor allem machte besonders betroffen, dass heute – fast 75 Jahre nach dieser unfass­baren Katastrophe – immer noch NS-Ideen fort- und weiter­leben. Über eine inter­aktive Medien­in­stal­lation mit aktuellen Presse­be­richten wird einem diese Ungeheu­er­lichkeit am Ende der Dauer­aus­stellung “vor Augen” geführt. Dem Referenten Dr. Thomas Rink und der Museums­leitung gilt unser herzlichen Dank für diese inter­es­santen Führungen.

(ah)