Bücher, die Kinder auf ein Leben miteinander und in der Gesellschaft vorbereiten; Geschichten, die Kinder in ihrer Identität und Vielfalt stärken, waren Anfang November 2023 Thema beim Workshop „Gute von gut gemeinten Büchern unterscheiden lernen“.
Kinder, die in die Bibliothek zum Zuhören kommen sind bunt, sie haben nicht nur deutschen Hintergrund oder gehören der Mehrheitsgesellschaft an sondern haben eine ethnische Herkunft, Behinderung, kommen aus Regenbogenfamilien oder sind einfach anders und erfahren deswegen Diskriminierung.
Gute Geschichten können helfen, die Identität der Kinder zu stärken. In dem Workshop der Stadtbibliothek München „Gute von gut gemeinten Bücher unterscheiden lernen“ haben Teilnehmer*innen, die als Lesefüchse in Stadtteilbibliotheken vorlesen, Bücher anhand einer Fragenliste analysiert – mit Fragen zur Rolle der Figuren, Darstellung und Sprache, der Beziehungen der Figuren untereinander und deren Lebenswelten.
So wurde etwa im Buch „Am Tag als Saída zu uns kam“, die Geschichte eines marokkanischen Kindes, das nach Spanien kam und traurig war, Marokko als leeres Land dargestellt, mit Zelten und fliegenden Teppichen. Obwohl das Buch optisch sehr schön aufgebaut ist, Freundschaft und Sprache im Vordergrund stehen, sagt die Workshopleiterin Sarah Hergenröther von der Münchner Stadtbibliothek: „Ich würde das Buch aufgrund der Darstellung des Herkunftslands und weil das Mädchen aus Marokko in eine passive Rolle gedrängt wird nicht empfehlen.“ Diese Perspektiven unter dem Aspekt der Diversität zu betrachten, erstaunten die Teilnehmer*innen und machten den Workshop letztendlich für sie sehr interessant.
Harry darf träumen
Zwei weitere Bücher haben das Thema „Anders-Sein und Mobbing“ behandelt. „Hier kommt Harry!“ eine Hasen-Geschichte, in der Hase Harry nicht von Möhren sondern einer Discokugel träumt und sich somit von den anderen unterscheidet. Obwohl Harry anders ist, ist er von Anfang an in die Gruppe der Hasen integriert. So konnte er seinen Traum aktiv leben und am Ende den anderen Hasen mitgeben, dass auch sie etwas anderes träumen dürfen. Eine Geschichte die alle Figuren bestärkt.
Ganz anders die Wandlung des Buches „Irgendwie anders“. Darin wird die andersartige Figur von Beginn an ausgeschlossen, obwohl sie alles versucht, in der Gruppe akzeptiert zu werden. Schließlich findet die Figur ebenfalls andersartige Freunde und bleibt so nicht alleine. Sarah Hergenröther findet die Botschaft nicht gelungen und sagt: „Die Figur bleibt ein Opfer, die Integration in die Gruppe fehlt. Die Verantwortung, das Problem zu lösen, verbleibt bei der ausgegrenzten Figur“. Die Teilnehmer*innen analysierten noch das Jahr, in dem das Buch geschrieben wurde, 1994, und führten die Botschaft auch auf das Entstehungsjahr zurück.
So haben die Workshopleiterin und die Lesefüchse voneinander gelernt. Denn Alter der Bücher, Sprache und Spannungsbogen standen nicht im Vordergrund der Arbeitsgruppe der Stadtbibliothek München um Sarah Hergenröther. Diese Arbeitsgruppe hat über 4.000 Kinderbücher gelesen und analysiert. 249 Titel blieben als empfehlenswert übrig. Diese Bücher kennzeichnet die Stadtbibliothek mit einem Sticker auf dem „Medientipp Diversität“ steht. Zu finden sind diese Bücher unter folgendem Link oder auf der Homepage unter Katalog – Medienlisten – Diversität. Dort sind die Geschichten in sechs Kategorien eingeordnet, wie etwa Vielfalt in der Gesellschaft, Held*innen of Color, starke Mädchen und Jungen.
CD