Zum Bundesweiten Vorlesetag kamen fünf prominente Vorleser in die städtischen Bibliotheken
Das ist eine kleine Verbeugung wert: Lesefuchs Manfred Lucko begrüßte die KIKA-Tierreporterin Nina Ploghaus in der Stadtbibliothek Fürstenried als Mitwirkende am Bundesweiten Vorlesetag 2024. Sie war die erste prominente, und das heißt in diesem Fall zugleich professionelle, Vorleserin, die Carmen Deiseroth gebeten hatte, heuer mit dabei zu sein und sie hatte sofort zugesagt. Die Idee dahinter war, diejenigen sechs Bibliotheken besonders hervorzuheben, bei denen die Lesefüchse vor zwanzig Jahren mit ihren Vorlesestunden angefangen hatten. Am Vorlesetag, dem 15. November, beteiligten sich außerdem weitere elf städtische Bibliotheken mit ihren vertrauten Lesefuchsteams. Die Bibliotheksleitungen luden Grundschulen aus der jeweiligen Nachbarschaft zum Zuhören ein. Die Lesefüchse suchten die Literatur aus. Diesmal ging es um die Themen “Selbstvertrauen und Eigeninitiative”.
Von den rund 80 Aktionen, die in München zum Bundesweiten Vorlesetag gelistet waren, kamen 16 allein von den Lesefüchsen. Und dabei dürften etwa 1.000 Kinder gekommen sein. Für die Organisation war Carmen Deiseroth, Bibliothekskoordinatorin der Lesefüchse, zuständig: “Ich freue mich sehr, dass diese besonderen Vorleser*innen einen großen Spaß bei den Lesefüchsen gehabt haben. Wenn da jemand, den die Kindern bisher nur im Kino oder TV gesehen haben, plötzlich leibhaftig vor einem steht und dann auch noch eine super Geschichte mitbringt, dann erzeugt das bestimmt in vielen Kindern eine Neugier auf Bücher”, sagt sie. Der Termin in Pasing ist allerdings ausgefallen und wird am 2. Dezember nachgeholt. Dann kommt die Isarautorin Nina Müller mit einem Buch ihrer Reihe “Kuschelflosse”.
Nina Ploghaus las aus der Reihe “Liliane Susewind” die Geschichte vom schwarzen Kater Nino. Er ist ein etwas ruppiger Geselle, was der vornehmen Katze Frau von Schmidt aber dennoch gehörig imponiert, denn er verkörpert überzeugend sein Lebensmotto “Freiheit gegen Sicherheit”. Für Ploghaus war es ein besonders Vergnügen im Namen der Lesefüchse vorzulesen: “Ich finde es so toll, die Kinder, für die ich meine Sendung mache, hier direkt zu erleben”, sagte sie. Sie möchte beitragen, den Spaß am Lesen zu vermitteln. Denn wenn sie auf die intensive Handy- und iPad-Nutzung schon bei den Kleinen schaue, so fürchte sie, dass Lesen als Grundfähigkeit irgendwann verloren gehe.
Regale auf die Seite geschoben
Damit die Lesefüchse viel erreichen können, werden sie überall von den Bibliotheken nach Kräften unterstützt. So beispielsweise in Fürstenried von der Leiterin Rebecca Konrad. Kurzentschlossen wurden die Regale auf die Seite gerollt und Stühle für drei Klassen aufgestellt. “Der Vorlesetag ist eine supertolle Möglichkeit, dass ganze Klassen herkommen und sich die Geschichten anhören. Das unterstützt die Leseförderung ganz wesentlich”, sagt sie. Ganz ähnlich hört sich das in Ramersdorf an, wo die Lesefuchsteams ebenfalls schon zwanzig Jahre jede Woche vorlesen: “Geschichten vermitteln Wissen und Werte. Die Lesefüchse leisten einen wertvollen Beitrag. Und die Sprachförderung dabei ist sehr wertvoll. Die Kinder lernen bei den Gesprächen über die Geschichten, sich gut auszudrücken”, schätzt Silke Kloppig, stellvertretende Leiterin der Bibliothek die Wirkung der Lesefüchse ein.
Gleich in der Früh kam Silke Wolfrum, eine der Isarautorinnen, am Freitag nach Laim, um aus ihrem Superheldenbuch zu lesen. Superhelden? Na ja, jedenfalls fast. Genauso heißt das Buch nämlich, dass sie geschrieben hat und das mit den Bildern von Marie Geissler illustriert wurde, die sie hinter sich auf die Leinwand beamte. Das dürfte vielleicht einige Kinder der Droste-Hülshoff- und der von-der-Pforten-Schule erstaunt haben, dass man Superkräfte auch erst einmal trainieren muss.
Um so spannender war es, als Wolfrum sie in ihre mitgebrachte Schatzkiste blicken ließ, in der sich tatsächlich einige Trophäen der angehenden Superhelden befanden. Aber Superkräfte gab es auch schon bei den Kindern zu vermelden. Von Wolfrum befragt, fand ein Bub, er sei superklug und ein Mädchen verkündete, supergut Schlittschuh laufen zu können. Na also! Um die nachwachsende Generation muss einem nicht bange sein.
Schlossgespenst am Hasenbergl
Der Comedian Simon Pearce, der in Harry-Potter-Filmen oder bei den “Neuen Geschichten vom Pumuckl” mitgewirkt hat, kam ins Hasenbergl. Um ihn zu begrüßen hatte sich der zweite Vorsitzende der Lesefüchse, Hans Wanger, extra viel Zeit eingeplant und war einmal quer durch die Stadt in den Münchner Norden gefahren. Pearce las aus dem “Zippel” des SZ-Korrespondenten Alex Rühle. Zippel ist ein Gespenst das in einem alten, rostigen Türschloss wohnt und von seinem Freund Paul das Leben der Menschen erklärt bekommt. Für viele mag es sich anhören, als ob das Gespenst nur Unsinn im Kopf hätte. Aber in Wirklichkeit kämpft es mutig und listig für sein Recht, in dem Schloss zu wohnen. Simon Pearce kennt die Lesefüchse schon viele Jahre. Es war für ihn geradezu Ehrensache, am Bundesweiten Vorlesetag seinen Teil beizutragen: “Mit Lesen kann man nie früh genug anfangen und die Lesefüchse kümmern sich ganz hervorragend um die Kinder. Ein guter Verein mit den richtigen Zielen. Da bin ich gerne dabei”, sagt er.
Sein Schauspielkollege Manuel Armando Cortez hatte sich die Ramersdorfer Kinder zum Vorlesen ausgesucht. Weil dort in der Bibliothek aber noch die Handwerker das Regiment führen, wanderte die Veranstaltung in die Aula der Grundschule Führichstraße. Drei Klassen lauschten seiner Version von “Momo”, Michael Endes berühmter Geschichte von den grauen Zeitdieben. “Das habe ich als Dreijähriger das erste Mal gehört, später als Hörbuch und als Film erlebt. Die Geschichte ist einfach wunderbar und es ist nicht nur für kleine Kinder. Auch für Erwachsene!” Indem er einige Absätze las, dann wieder große Sprünge im Buch machte, aber sie zusammenfassend weiter erzählte, gelang es ihm, eineinhalb Stunden lang seine jungen Zuhörer zu fesseln. Ganz beendet hat er Momo nicht. Ein bisschen Spannung darf schon noch bleiben.
In der Sendlinger Bibliothek, eine der größten Filialen der Stadtbücherei, traf Julia Heinze ihr Publikum. Sie kennt man aus der TV-Serie “Um Himmels willen” oder vom “Bergdoktor”. Mit Otfried Preußlers kleinem Gespenst hat auch sie tief in die Klassiker-Kiste gegriffen. In einem bequemen Sessel hat sie unter einer Leselampe Platz genommen. Ihr gegenüber sitzen in der Kinderecke im Untergeschoss rund 75 Kinder aus den Schulen Plinganser und Feringastraße. Die Kinderbibliothekarin Jana Vorderwülbecke hat mit der Möblierung eine gemütliche Stimmung geschaffen und die Grundschüler hören gebannt zu, wie sich das kleine Gespenst sorgt, ob es je wieder ein richtiges Nachtgespenst werden kann. Es hat sich nämlich verirrt und muss jetzt tagsüber herumspuken. Mit Julia Heinzes stimmlicher Unterstützung gelingt es ihm aber, Freunde zu finden und alles wird wieder gut.
Vorgelesen bekommen ist wie Kino im Kopf. Für ihren Lesefuchs-Einsatz zum Bundesweiten Vorlesetag haben sich die professionellen Vorleser und Vorleserinnen den besonderen Dank des Vereins Lesefüchse verdient. Und eine kleine Verbeugung.
(hpm)