Rotkäppchen rettet den Wolf - Ein Nicht-Märchen

Details

Autor: Petra Piuk

Illustrator: Gemma Palacio

Verlag: Leykam Verlag 2022

ISBN: 978–3‑7011–8229‑9

empfohlen von: Annegret Hillinger

in der Stadtbibliothek: noch nicht vorhanden

Unser Rotkäppchen ist ein Kind unserer Zeit und heißt Anna. Nur die rote Sport­kappe, die ihr die Großmutter geschenkt hat und die sie immer trägt, macht ein Rotkäppchen aus ihr. Anna-Rotkäppchen ist neun Jahre alt, frech und vorlaut, aber unerschrocken und ihr Lieblingstier – wen wundert’s – ist der Wolf. Die Großmutter ist zwar alt, aber beileibe nicht krank und bettlä­gerig. Zur Erinnerung gibt’s nach der Vorstellung unseres Anna-Rotkäpp­chens noch eine Kurzfassung des Originalmärchens.

Rotkäpp­chens Mutter ist die beste Kuchen­bä­ckerin weit und breit. Und so ist das Mädchen mit einem herrlichen Kirsch­kuchen zur Großmutter unterwegs. Auch in unserem Nicht-Märchen muss Rotkäppchen ein Stück durch einen Wald gehen. Weil ich die Schil­derung von Rotkäpp­chens Spaziergang so herrlich finde, sei hier eine Kostprobe zitiert: “Im Wald läuft Waldmusik. Es zwitschert und zirpt und gurrt und summt und brummt und hummelt und hupt und heult.“ „Waldmusik“, das muss einem erst einmal einfallen!

Anne-Rotkäppchen wünscht sich, dass sie endlich das Wolfs­rudel von ihrem Lupo, so heißt der Wolf, zu Gesicht bekommt. Für sie sind diese Tiere nicht böse wie in Märchen, sondern haben nur einen schlechten Ruf. Außer von Wolfs­spuren ist von Lupo nichts zu sehen, denn wildle­bende Wölfe sind sehr menschen­scheu. Die instinktive Vorsicht des Wolfes vor Menschen kann sich natürlich verändern, wenn er gezielt angelockt und angefüttert wird oder Tollwut hat. Deutschland ist aber seit 2008 tollwutfrei.

In einem Quiz zum Ende der Geschichte wird auf falsches Verhalten gegenüber diesen Tieren und auf dessen Folgen einge­gangen. Auch über die Probleme infolge der Wieder­an­sie­delung von Wölfen und deren Lösung klärt uns Anna mit ihrem Hausaufsatz auf.

Statt auf den Wolf trifft Anna-Rotkäppchen auf verstreuten Müll und den Bürger­meister, den Übeltäter dieser Umwelt­ver­schmutzung. Der Bürger­meister heißt sinni­ger­weise auch noch Wolfgang Wolf. Er ist „der einzige böse Wolf“ in diesem Nicht-Märchen.

Unser mutiges Rotkäppchen legt sich gleich mit dem Herrn an. Dem geht die freche Göre gehörig auf die Nerven und so lässt er eine Bombe platzen: Der ganze Wald soll am nächsten Tag abgeholzt werden, um ein Einkaufs­zentrum zu bauen. Die Baupläne dazu hat er unterm Arm. Zunächst verschlägt es unserem Rotkäppchen die Sprache. Aber dann entspinnt sich eine höchst lustige Diskussion zwischen ihr und dem Bürger­meister, an dessen Ende Rotkäppchen ihm droht, das Abholzen zu verhindern.

Und dann läuft sie „stink­wütend“ zur Großmutter, die natürlich sofort merkt, dass etwas nicht stimmt. Wenn im Urmärchen Rotkäppchen fragt, warum die Großmutter so große Augen und Ohren habe, so fragt im Nicht-Märchen die Oma, warum Rotkäppchen so rote Augen und so hübsche Ohren habe.

Die Oma hat eine Superidee, wie der Wald gerettet werden kann. So kommt es, dass am nächsten Tag die Holzauktion nicht statt­finden kann, weil in den Bäumen Kinder hocken, unter ihnen sogar der Sohn Wolfi vom Bürger­meister. Die Oma übereicht dem Bürger­meister eine Unter­schrif­ten­liste, auf der fast die ganze Stadt unter­schrieben hat. Und auch Nicht-Märchen gehen gut aus: Rotkäpp­chens Mama hat Mengen von Kuchen gebacken. Und so sitzen nun alle friedlich da und lassen sich den Kuchen schmecken. Selbst der Bürger­meister beruhigt sich wieder.

Das Buch ist flott, richtig tempo­reich und mit viel Witz geschrieben. Aus meiner Sicht bietet es viele Möglich­keiten, Wissens­wertes über Wölfe zusam­men­zu­tragen. Denn der nächste Verwandte unseres Hundes ist ein wirklich inter­es­santes Tier.