Details
Autor: Jessica Meserve
Verlag: Bohem 2022
ISBN: 978–3‑95939–098‑9
empfohlen von: Annegret Hillinger
Laut Klappentext handelt es sich hier um ein Buch über Mut und Möhren. Jessica Merserve hat mit liebevollen und detailreichen Bildern eine Kaninchengeschichte geschrieben und mit zartem Strich illustriert. Sehr einfallsreich, die vielen eingestreuten Schilder, die das Leben der Kaninchen bestimmen und auch eingrenzen. Für Erstleser ein Anreiz, sie alle zu entziffern. Uwe-Michael Gutzschhahn traf dazu den richtigen Ton in der Übersetzung aus dem Englischen.
Kaninchen bleiben am liebsten in der Nähe ihres Zuhauses, das ein warmer, sicherer und gemütlicher Bau ist. Und sie bleiben gerne unter sich. Denn gegenüber allem, was NICHT Kaninchen ist, sind sie äußerst argwöhnisch. Und sie halten sich an das, was sie kennen: an ihr Zuhause, an das Hoppeln und die Möhrchen.
Eines Tages nun findet ein Kaninchen die perfekte Möhre fürs Frühstück. Zu dumm, dass diese süße Möhre eine Winzigkeit zu weit entfernt ist. Und so kommt, was kommen muss. Das Kaninchen verliert das Gleichgewicht, purzelt samt der Supermöhre den Berg runter, fällt noch dazu ins falsche Loch. Die absolute Katastrophe! Und nicht genug, es stürzt aus dem falschen Loch in den Fluss. Sehr witzig: Die beiden winzigen Mäuschen am Rand des Lochs, die nun die Möhre halten, während dem Kaninchen nur das Kraut in den Pfoten bleibt.
Und dann geht es rasant weiter. Kaninchen rettet sich auf einen vorbei schwimmenden Baumstamm. Da taucht ein Nicht-Kaninchen mit Krallen auf, haarig und gruselig. Das Kaninchen hopst Land und versteckt sich in einem kalten, finsteren Loch aus lauter Angst vor diesem fremden Wesen. Aber das Nicht-Kaninchen ist gar nicht so gruselig. Es wirft dem Kaninchen etwas zum Fressen ins Loch. Vor lauter Hunger überwindet das Kaninchen Argwohn und Angst, knabbert und schmeckt das Köstlichste, was es je probiert hat. Vielleicht sind Nicht-Kaninchen auch so in Ordnung wie die Nicht-Möhre? Kaninchen fasst all seinen Mut zusammen – das will bei Kaninchen schon etwas heißen – und kletterte auf einen Baum. Alle Nicht-Kaninchen sind sehr nett. Und das Kaninchen fühlt sich richtig wohl und zeigt den Nicht-Kaninchen, wie man hoppelt.
In der Nacht kann das Kaninchen aber nicht schlafen, weil es an zuhause denken muss. Bei Sonnenaufgang entdeckt es in der Ferne den vertrauten Berg. Das Kaninchen, inzwischen sehr viel mutiger geworden, beschließt nach Hause zu gehen. Die Nicht-Kaninchen begleiten es, so dass der lange Weg und das falsche Loch mit den neuen Freunden weniger weit und gruselig sind. Zu Hause angekommen, findet das Kaninchen, dass das Leben nicht besser sein kann. Es kommt aber noch besser! Denn alle Nicht-Kaninchen bleiben und gewöhnen sich ans Leben am Kaninchenberg, wie das Schlussbild lebhaft zeigt.
Die Erzählung verdeutlicht anschaulich, wie man Argwohn oder Misstrauen gegenüber Unbekanntem überwinden und mutiger werden kann, wenn man sich Fremden öffnet. Manchmal bedarf es dazu nur eines kleinen Stupses. Und es schadet nicht über den Tellerrand zu schauen, natürlich ohne gleich leichtsinnig zu werden. Eine zarte Bilderbuchgeschichte in einer Zeit, in der wir täglich viel Neuem und Unbekanntem begegnen und unsere liebgewordenen Gewohnheiten überdenken sollten.