Der Kranichbaum. Mein erstes Weihnachtsfest.

Details

Autor: Allen Say

Verlag: Editon Bracklo 2019

ISBN: 978–3‑946986–06‑5

empfohlen von: Christine Koch

„Der Kranichbaum“ ist ein leises und gefühl­volles Buch über den Zauber der Weihnacht, die Mutter-Kind-Beziehung und die Zerris­senheit zwischen zwei Kulturen. Allen Say, der Sohn eines Japaners und einer Ameri­ka­nerin, erzählt mit klarem Tonfall die Erinnerung an seine erste Begegnung mit dem christ­lichen Fest. Diese klare Sprache verdanken wir der Übersetzung von Gabriela Bracklo. Der Autor, zugleich Illus­trator, führt uns mit den Bildern in die Welt der japani­schen Tradition, wie die Häuser gebaut und ausge­stattet sind, und wie die Menschen leben. Allein über die Bilder können die Betrachter viel über japanische Tradition und Gewohn­heiten lernen.

Der Ich-Erzähler spielt in der Kälte – und obwohl seine Mutter es ihm verboten hat – im Nachbars­garten am Karpfen­teich. Durch­nässt kehrt er nach Hause zurück, in Erwartung, dass er geschimpft wird. Die Mutter faltet gerade Origami-Kraniche. Wenn man 1000 Kraniche gefaltet hat, geht ein großer Wunsch in Erfüllung. Als sie bemerkt, dass der Sohn einen ganz heißen Kopf hat, steckt sie ihn erst in ein Bad und dann ins Bett. Er verbringt den Nachmittag allein, mit Reisschleim­suppe und heißem Tee. Die Mutter kommt nicht wie erhofft, und liest ihm eine Geschichte vor. Er findet heraus, dass sie im Garten arbeitet, obwohl es zu schneien begonnen hat. Warum sticht sie einen Baum aus?

Am Abend trägt sie die kleine Kiefer, die am Tag der Geburt des Sohnes gepflanzt wurde, in einem blauem Keramiktopf ins Zimmer. „Weißt du eigentlich, was heute für ein Tag ist?” Der Sohn beobachtet, wie sie die Kraniche, an Bändern aufge­fädelt, an den Baum hängt. Seine Mutter erzählt ihm, dass sie in einem fremden Land, Kalifornien, aufge­wachsen ist, bevor sie nach Japan kam. Dort feiert man diesen beson­deren Tag mit prächtig geschmückten Bäumen und Geschenken. Der Ich-Erzähler ist begeistert und darf die Kerzen anzünden. Gemeinsam innig anein­ander gekuschelt genießen sie die Leuchtpracht.

Die Mutter ist still in Erinnerung versunken. Als der Sohn fragt, was sie sich von ihm wünsche, erwidert sie, nur ein Versprechen, nämlich, dass er nicht mehr zum Karpfen­teich ginge. Am nächsten Morgen steht neben seinem Bett der Drachen, den er sich im Angesicht des Baumes gewünscht hat, ein grimmiger japani­scher Krieger-Drachen. Er springt mit dem Drachen nach draußen, um ihn auszu­pro­bieren. Aber alles ist voller Schnee. So baut er statt­dessen mit Papa einen Schneemann.

Mich hat das Bilderbuch tief bewegt, da in dieser einfachen Geschichte eine große Sehnsucht nach dem Vergan­genen und viel Liebe für die Gegenwart steckt. Nur geeignet für kleine Kinder­gruppen, die sich auf die behutsame Erzähl­weise einlassen möchten.

Die Erzählung ist ursprünglich 1991 in den USA entstanden, wo Allen Say lebt. Die Edition Bracklo hat sich zum Ziel gesetzt, seine Werke nach Deutschland zu bringen.