Details
Autor: Ulrich Hub
Illustrator: Jörg Mühle
Verlag: Carlsen
ISBN: 978–3‑551–55384‑3
empfohlen von: Annegret Hillinger
in der Stadtbibliothek: 2018 noch nicht vorhanden
Ja, es ist die Weihnachtsgeschichte und doch wieder nicht, denn die Geschichte ist nicht nur urkomisch erzählt, sondern ausschließlich aus der Sicht von Schafen oder anderen Tieren, die in der uns bekannten Geschichte eine Rolle spielen oder dort gar nicht vorkommen.
Eine Schafherde, dicht gedrängt nächtens auf einer Weide, wird von dem hellen Schein eines Sterns geweckt. Verunsichert wollen sie ihre Hirten befragen, aber oh Schreck, die sind weg, sogar das Feuer haben sie ausgehen lassen. Nur das Schaf mit der Mütze hat etwas bemerkt, aber die entscheidende Botschaft der Flugobjekte hat es vergessen. Dagegen hat das Schaf mit der Schnupfennase, das sich immer etwas abseits halten muss, damit es niemanden ansteckt, von einer Ziege weitere Neuigkeiten gehört. Es waren keine Ufos, die die Hirten entführt haben, sondern irgendwo soll ein Baby geboren worden sein, der Beschreibung nach wohl ein Mädchen. Jetzt entschließt sich die Herde trotz aller Ängstlichkeit selbst nachzuschauen, was da passiert ist.
Und bei dieser Art Schafswandertag lernen wir die einzelnen sehr individuellen Schafe kennen: neben den schon erwähnten gibt es noch eins mit Gipsbein, eins mit Zahnspange und ein anderes mit Augenklappe, dann noch eins mit Schal, eins mit Seitenscheitel und natürlich das letzte Schaf.
Ein Esel, der Augenzeuge der Geburt war und gerade mal Pause vom Krippendienst macht, erzählt dem Gipsbeinschaf, dass da Leute auf Kamelen gekommen sind, die Geschenke, unter anderem Majoran, mitgebracht haben. Da fällt dem Schaf siedendheiß ein, dass sie, die Schafe, nicht an Geschenke gedacht haben. Die Frage nach einem passenden Geschenk lässt die Gehirne der Schafe “auf Hochtouren und gleichzeitig im Leerlauf” laufen. Das Schaf mit der Zahnspange ertrinkt fast, was echt blöd wäre, wo sie sich doch gerade entschieden haben, dem Kind die Zahnspange zu schenken. Das letzte Schaf hat die Nase voll und trottet zurück zum heimatlichen Feld, was sich als Fehler erweist. Und weil Schafe immer beieinander bleiben müssen, holt die restliche Herde das letzte Schaf am Feld wieder ab, damit sie nun endlich alle zusammen das Kind besuchen können. Nur nach diesem Hin und Her ist die Krippe leer – ihr Geschenk – was mag das wohl sein? – werden sie dennoch los. Zu guter Letzt lernen sie noch die hochnäsigen, aber sehr realistischen Kamele kennen, die ihnen ihre letzten Illusionen rauben, vor allem die, eine riesige Schafherde zu sein. Wieder auf ihr Feld zurückgekehrt, freuen sie sich, die Hirten wieder zu sehen, die ihnen gebrannte Mandeln, Äpfel und Lebkuchenherzen mitgebracht haben.
Diese Geschichte, voller Situationskomik, spöttisch, aber auch liebenswert und fröhlich, dürfte meines Erachtens nicht nur Christenkinder, sondern auch jung gebliebene Menschen anderer Konfessionen, ja sogar Atheisten zum Schmunzeln bringen. Dazu noch die unnachahmlichen Zeichnungen von Jörg Mühle, der die Komik der Geschichte treffsicher einfängt: keine grellen Farben, schließlich ist es ja Nacht (siehe Innenseiten des Buchdeckels), aber doch vom hellen Stern beleuchtet. Wo hat man je schon Wölfe mit Brillen (oder sind es Glupschaugen?) und Krokodilschnauzen gesehen? Der Zugang zum Stall wird wie der Zugang zu einem Skilift mit Absperrgittern geregelt – “voll krass” würden wohl die Kinder sagen …