Details
Autor: Eduard Altarriba
Verlag: Beltz & Gelberg Verlag 2023
ISBN: 978–3‑407–75726‑5
empfohlen von: Annegret Hillinger
in der Stadtbibliothek: in allen Stadtteilbibliotheken und im Motorama
zu finden im Interessenkreis: Kinder / Politik Wirtschaft
unter der Signatur: Gdm 7/ ALT
Vor wenigen Wochen hatte die Europäische Union einen Kompromiss in Sachen Asylpolitik gefunden, aber beim Gipfeltreffen der Staatschefs Ende Juni 2023 waren zwei Länder dagegen. Folglich gab es wieder keine Einigung der 27 EU-Staaten zum Dauerstreitthema Asylpolitik. Nicht einmal die furchtbare Schiffskatastrophe im Juni 2023 vor der Küste Griechenlands, bei der ein mit über 700 Migranten, darunter an die 100 Kinder, beladenes Fischerboot unterging und nur wenige Menschen gerettet wurden, konnte die Staatschefs zu einer Einigung bewegen.
Nun hat der spanische Grafiker, Illustrator und Autor von Kindersachbüchern Eduard Altarriba unter dem Titel „Was ist Migration?“ ein gut verständliches Buch für Kinder ab acht Jahren zu dieser aktuellen gesellschaftlichen Problematik verfasst.
Das Thema sorgt weltweit für Aufruhr, Hass und Intoleranz. Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht vor Verfolgung und Krieg. Doch auch andere Gründe, vor allem wirtschaftliche Not und die Klimaveränderung treibt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und in fremden Ländern Hilfe und Schutz zu suchen.
Der Autor beginnt mit der historischen Entwicklung der Migration. Schon die ältesten Vorfahren der Gattung Mensch vor über einer Million Jahren wanderten von Afrika aus nach Europa und Asien. Die Urahnen des heutigen „modernen“ Menschen, also unsere Ur-Ur-Urahnen entwickelten sich in Afrika. Von dort wanderten sie vor 50.000 Jahren in alle Erdteile aus. So hat sich der Mensch wandernd über die ganze Erde verbreitet. Die heutigen Menschen vergessen eben nur zu gerne, dass auch sie irgendwann einmal in ihre heutige Heimat eingewandert sind. Auch dass es trotz inzwischen aufgekommener Sesshaftigkeit immer wieder große Wanderbewegungen gab. Die Gründe für diese Wanderungen waren damals wie heute vielfältig – Hungersnöte, Kriege, Epidemien, Verfolgung zum Beispiel aus religiösen Gründen, Armut, Klimaveränderungen und vieles mehr.
Altarriba beleuchtet alle Facetten dieses komplexen Themas unaufgeregt und mit interessanten Fakten. Schon die ruhige Farbgebung der Illustrationen in einem orangen Grundton trägt zur Beruhigung der Kinder bei, wenn man dieses Buch vorliest. Wir erfahren die Bedeutung von Grenzen, von Pass und Visa, aber auch weshalb manche Menschen eben nicht einfach so Grenzen überwinden können. Der Autor spart auch nicht das Thema der europäischen Kolonialreiche aus, eben so wenig wie die Einwanderungen nach Nord- und Südamerika, wodurch die ursprünglich dort lebenden Menschen nahezu ausgerottet wurden. Wir lernen die Hauptmigrationsrouten (Stand 2020) kennen. In zwei als „Dossier“ bezeichneten Kapiteln werden schwerpunktmäßig die Migrationsrouten im Mittelmeer und die Migrationstrecks seit dem 18. Jahrhundert bis heute in die USA beschrieben.
Das Sachbuch vermittelt Hintergrundwissen, das wichtig ist, um Kindern das Thema frei von aller Polemik nahe zu bringen und auch Verständnis für die Nöte der zugewanderten neuen Mitschülerinnen und Mitschüler, ja überhaupt der vielen fremden Menschen, zu wecken.
Mir haben in diesem Zusammenhang besonders zwei Sätze auf Seite 30 gefallen: „Wenn sich alle einen Ruck geben, können die Grenzen zwischen den Menschen überwunden werden. Dazu gehört, dass alle einander mit Toleranz und Interesse begegnen und Vorurteile abbauen.“